Bau-Kantine

 

 

Für die Wirtschaftsbaracke (Bau-Kantine) im Baulager Oelhof Bleckede wurde im Juni 1937 beim Landkreis Lüneburg ein Antrag zur Erteilung einer Schank-Lizenz  gestellt. Diese Baracke wurde, nach dem Lageplan zum Bauantrag, quer vor das Bau-Lager, fast paralell zur Breetzer Str. gebaut [1].  Die Holzbaracke wurde von der Firma Gabriel A. Gerster, Holzbau- und Holzbearbeitungswerke Mainz a. Rh, geliefert. Als Besonderheit ist zu erwähnen, dass der Antrag und alle Pläne vom Pächter der Wirtschaftsbaracke, einem Herrn Martin Seehaus, unterschrieben wurden. Vorgesetzte Stellen des Marinebauamtes waren vermutlich damals schon mit dem Begriff des  „outsourcing“ vertraut.  

 

Bild 1: Luftbild Bleckede (1302)2730 Hersteller Hansa Luftbild G.m.b.H. Abt. Berlin Aufgen. Mai 1938 Maßstab 1 : 25 000 Entzerrungsgrundlage: Karte 1 : 25 000; Quelle: B-ARCH-196-02730

Auf einem Auschnitt aus einem Luftbild vom Mai 1938 ist das Barackenlager abgebildet. Alle Gebäude entsprechen dem Lageplan in Bild 2.

 

Bild 2: Lageplan Bau-Lager-Bleckede (Nordpfeil wurde hinzugefügt)
Bild 3: Bauplan der Wirtschaftsbaracke, Transkription der Kurrent-Schrift: Baulager Bleckede an der Breetzerstr. – Zerlegbare Wirtschaftsbaracke auf Pfahlrost nach den Normen des Reichsarbeitsdienstes Typ R.L. VII/6. Hersteller „Gabriel Gerster Mainz, M 1:100, Archiv Landkreis Lueneburg 182,8.

 

Die Schank-Lizenz wurde am 12. Mai 1938, nach einem Streit vor dem Verwaltungsgericht in Lüneburg, mit Einschränkungen, genehmigt [2]. Die in der  Schank-Lizenz für die Bau-Kantine festgelegten Einschränkungen besagten, dass der Schankbetrieb eine Stunde vor Arbeitsbeginn geöffnet werde und  spätestens eine Stunde nach Feierabend geschlossen werden musste. Alle darüber hinaus reichenden Öffnungszeiten bedurften der Genehmigung der Ortspolizeibehörde (Bürgermeister in Bleckede). Weiterhin war der Besuch der Kantine nur den auf dem Bau beschäftigten Arbeitern und Angestellten erlaubt, und der Ausschank von Branntwein und Likör war untersagt [3].  Die Wirtschaftsbaracke konnte sehr rasch, direkt nachErteilung der Genehmigung, evtl. schon vor deren Erteilung aufgebaut werden. Diese Baracke diente auch als Versammlungsraum. Zur Reichstagswahl am 10. April 1938 war in der Kantine ein Wahllokal eingerichtet worden, weil die Anzahl von zusätzlich 400 Stimmberechtigten dazu geführt hatte, in Bleckede einen gesonderten Stimmbezirk einzurichten [4].
 
 

Am 26. September 1938 wurde Hitlers Rede über die Tschechoslowakei aus dem Sportpalast in Berlin reichsweit im Rundfunk übertragen. Überall waren Räume für den „Gemeinschaftsempfang“ eingerichtet.  So auch in der Bau-Kantine im Barackenlager.

 

Bild 3: Anzeige aus der Bleckeder Zeitung vom 26. September 1938, Archiv Stadt Bleckede.

 

 

Diese erste Wirtschaftsbaracke wurde später abgebaut. Dafür entstand außerhalb des Lagers eine neue größere Kantine (s. Bild 4).  Zu dieser zweiten Kantine sind bisher keine Pläne überliefert. Aussagen von Zeitzeugen deuten darauf hin, dass neben einer Großküche im Kantinengebäude des Baulagers, auch Wachleute für das Kriegsgefangenenlager, zumindest zeitweise, dort untergebracht waren.

Bild 4: Barackenlager und Kantine an der Breetzer Str. (brit. Luftbild Apr. 1945, Ausschnitt)

 

Nach Kriegsende wurde die Wirtschaftsbaracke abgerissen und die H.E.W. Straße wurde gebaut.  Das Grundstück, nun mit direktem Staßenanschluß, wurde zu Gemeinde-Land der Stadt Bleckede und blieb bis zum Ende ca. 1975 unbebaut. Hier befand sich lange Jahre ein öffentlicher Kinderspielplatz.  Danach wurde das Grunstück aufgeteilt und als Bauplätze für Einfamilenhäuser an Privatpersonen verkauft.

 

[1]: Vorgang zur Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Schankwirtschaft in der Baukantine im Ölhof, Archiv Landkreis Lüneburg, 182, 8. 
[2]: Vorgang zur Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Schankwirtschaft in der Baukantine im Ölhof, Archiv Stadt Bleckede, 17,2.
[3]: Zeitzeugen berichteten, dass sowohl Personen die nicht zu den Arbeitern im Ölhof gehörten in der Bau-Kantine zu finden waren, als auch Anwohner mit einem „ausser Haus“ Verkauf bedient wurden. Da in der Baukantine Branntwein und Likör nicht ausgeschenkt wurde, stieg dementsprechend der Konsum von Bier und Rumgrog, dieser durfte ausgeschekt werden.
[4]: Schreiben des Landrates zur Änderung in den Wahlbezirken im Landkreis Lüneburg v. 28. Mrz. 1938, Archiv Landkreis Lüneburg 543,11.

 

 

 

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