Schlosserlehrling

 

 

Lehrzeit 1939 bis 1942

 

Herr Karl-Heinz Pollmann aus Lüneburg begann 1939 eine Schlosserlehre im Betrieb des Schlossermeisters Meister Heinemann in Bleckede. Die Familie Pollmann war einige Zeit zuvor von Lüneburg nach Neetze gezogen, weil die Großmutter ihr Haus in Lüneburg, in dem die Familie wohnte, verkauft hatte. In der Lehrzeit hatte der Fünfzehnjährigen einige herausforderungen zu bestehen. Morgens die 8 km mit dem Fahrrad nach Bleckede zur Arbeit, abends den gleichen Weg zurück, auch bei Regen oder Schnee. Geld für die Fahrt im Zug musste gespart.  Im Winter 1939/40 lag der Schnee so hoch, dass der Lehrling Pollmann eine Woche nicht zur Arbeit nach Bleckede fahren konnte.

Erst als die Familie Pollmann wieder nach Lüneburg zurück gezogen war, konnte Herr Pollmann im 3. Lehrjahr mit der Kleinbahn nach Bleckede zur Arbeit fahren (Die Strecke war für die täglichen Fahrradfahrten zu lang).

 

 

Bild 1: Gruppenbild der Gesellen und Lehrlinge mit ihrem Meister Heinemann 1941, Karl-Heinz Pollman (hinten zweiter von links). Der Firma war ein holländischer „Fremdarbeiter“ (Zwangsarbeiter) zugeteilt (hinten, zweiter von rechts).

 

Den Großteil der achtstündigen Arbeitstage seiner Lehre verbrachte Herr Pollmann im Ölhof in Bleckede. Hier hatte der Schlossermeister Heinemann, wie mehrere andere Betriebe aus der Region, Aufträge erhalten. Heinemann hatte im Oelhof eine provisorische Schlosserwerkstatt eingerichtet [1]. Herr Pollmann arbeitete mit bei der Verlegung der Ölrohre und baute Pumpen in die unterirdischen Betriebsräume ein. Drahtzäune wurden gezogen. Herr Pollmann schmiedete die Flacheisen für das Tor I (Gebäude Nr. 60). Einige Arbeiten wurden gemeinsam mit der Firma Sieloff (Garzer Mühle) erstellt.

Die Arbeitsbedingungen in einer Schlosserei im Jahre 1940 waren mit den heutigen Arbeitsbedingungen im Metallhandwerk nicht zu vergleichen. Das Schmiedefeuer war zentraler Ort der Werkstatt. Ein Fortschritt war, dass Vorhandensein eines Autogenschweißgerätes.

Die Handwerker mußten bei diesen ersten Geräten das neben dem Sauerstoff benötigte Acetylen-Gas in einem Gasentwickler vor Ort selbst herstellten.

(Anmerkung: Der Begriff Autogenschweißen bedeutet die Verbindung zweier Metall-Werkstücke mit heißer Flamme ohne Zuhilfenahme artfremden Bindematerials.
In einem Gasentwickler ensteht aus Kalziumkarbid und Wasser das zum Autogenschweißen benötigte Acetylen-Gas, welches zusammen mit Sauerstoff eine Flamme erzeugt, die Metall schmelzen kann.)

Der Gasentwickler war ein  großes, sperriges Gerät, welches ohne Motorfahrzeug quer durch das Oelhof-Gelände transportiert werden musste. Nach einiger Zeit war der Gasentwickler verschlammt (Karbidschlamm), musste gereinigt und neu befüllt werden. Dazu packten die Lehrlinge das Gerät auf einen großen Handkarren und kippten den ganzen Schlamm in das Brack an der Dahlenburger Str. – Umweltschutz war damals ein unbekanntes Wort.

Die Arbeitsbedingungen im Ölhof waren durch die Baulichkeiten zusätzlich erschwert. Der Einbau der schweren Kolben-, und Kreisel-Pumpen in die unterirdischen Pumpstationen erfolgte zum größten Teil in Handarbeit ohne Kranwagen. Flaschenzüge, Hebel und Rollen waren die einzigen Hilfsmittel, die zur Verfügung standen. Die Pumpen wurden zerlegt und die Bauteile über Rampen in die Zugänge der Pumpstationen eingebracht. An ihrem Platz angekommen, mussten dann die bis zu vier Tonnen schweren Pumpen wieder zusammengesetzt werden, um dann an das kilometerlange Rohrnetz im Ölhof angeschlossen zu werden.

Die Arbeit in den Rohrkanälen war nicht weniger anstrengend. Die Rohre wurden von Hand bis an die Montagestelle vor Ort getragen. Die Rohrkanäle (Tunnel) hatten unterschiedliche Bauformen. Einige hatten so große Durchmesser, dass man bequem mit dem Fahrrad darin fahren konnte. Ganze Abschnitte der Tunnel (Hafenpipeline) waren aber nur als Kriechgänge mit einer Höhe von ca. 1,20m und einer Breite von ca. 2.0m erbaut worden.  Ölrohre mit einem Durchmesser von bis zu 30 cm in solchen Tunneln dicht zu verschweißen, war eine komplizierte, schwere und nicht  immer ungefährliche Arbeit.

Die Firma Sieloff hatte für die Tank-Gruppe III große, fahrbare Leitern gebaut. Diese Leitern wurden zur Inspektion der einzelnen Tanks jeweils um die großen runden Behälter herumgeschoben. Zur Abschottung der Zwischenräume zwischen den einzelnen Tanks mussten gasdichte Stahl-Türen eingebaut werden. Hier arbeiteten die Firma Sieloff und Meister Heinemann zusammen. Die Knebel und Riegel wurden in der Heinemann-Werkstatt in Bleckede in der Schmiede hergestellt.

 

Bild 2: Gasdichte Schott-Türen, aufgenommen bei der Firma Sieloff in Garze

 

Der Lehrling Karl-Heinz Pollmann bekam im ersten Lehrjahr 3.- RM Lohn pro Monat. Zusätzlich musste an Samstagen abwechselnd einer der neuen Lehrlinge nachmittags die Tankstelle bedienen, die an die kleine Werkstatt an der „Adolf Hitler Straße“ (Heute wieder Breite Straße) angeschlossen war. Als „Lohn“ durfte das Trinkgeld behalten werden.

 

Bild 3: Herr Karl-Heinz Pollmann, Lüneburg 2005

 

[1]  Schreiben der Stadt Bleckede vom 12. März 1937 an die Handwerkskammer in Harburg wegen der Eintragung des Meisters Heinemann in die Handwerksrolle, hier der Bericht über die „Zweigwerkstatt“ im Ölhof. Archiv Stadt Bleckede 19,1.

 

 

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