Plünderung?

 

 

 

Als der Oelhof „freigegeben“ wurde…

 

Zwei junge Mädchen (16) und (23) hörten am 19 April 1945 in Alt Garge die Nachricht, die sich von Mund zu Mund weitergetragen, wie ein Lauffeuer verbreitete: Der Oelhof in Bleckede ist offen! Viele Leute sind unterwegs, da gibt es Sachen…

 

Bild 1: Anneliese und Ilse Sauke ca.1945

 

Gleich nach dem Mittag machten sich beide mit ihren Fahrrädern auf den Weg.
Von Alt Garge nach Bleckede führte damals ein holperiger Waldweg, der durch Fuhrwerke stark strapaziert war. Auf einer Seite gab es einen Pfad, auf dem man mit dem Fahrrad etwas besser vorankam. Beide Mädchen erreichten das Tor an der Wache (heute Robert-Koch Str.). Sie betraten zum ersten Mal das Oelhofgelände, denn seit dem Ausbau nach dem ersten Weltkrieg war der Oelhof eingezäunt und abgesperrt.

Es waren viele Leute auf dem Gelände. Die beiden Mädchen folgten dem Weg bis zu den Bunkern der Gruppe I. Dort angekommen sagten andere Leute: „Ihr müsst da reingehen, da sind die Sachen drin!“

Es war dunkel in den Bunkern (Anm.:  Der Strom war abgeschaltet?). Man musste sich in absoluter Dunkelheit durch die Bunkeranlage tasten. Manchmal hatte man dann einen anderen Menschen im Arm, oder wurde von anderen berührt. Eine schaurige Sache. Dann plötzlich aufgestapelte Kisten. Kisten, so groß wie Obststeigen. Die Kiste greifen und den Weg nach draußen suchen, um zu sehen was man sich da geangelt hatte. So kamen Kisten mit Seifenriegeln und Seifenflocken ans Tageslicht. In einer Ecke lag ein Haufen mit Stiefeln (Knobelbecher).
Irgendwo, vielleicht in Leinenbeuteln verpackt, wurden Hindenburglichter gefunden. (größer als Teelichter, ca. 5 cm Durchmesser.) In einem anderen Bunker lag Leder. Teilweise in großen Rollen, teilweise ganze Häute. Andere Leute sagten zu den beiden Mädchen, dass da auch Thermoskannen waren, die hatten aber andere Leute schon weggeschafft.

 

Bild 2: Eingang in eine Bunkergruppe Aug.1945, (Spuren der Plünderung) Quelle:NARA, NAVTEC, File: A9 – 16 (3) (70/Hn), Serial: 924.

 

Die beiden Mädchen hatten einen Nachbarn getroffen. Der Nachbar fuhr den Milchwagen täglich von Alt Garge nach Bleckede und zurück. Der Nachbar hatte mit anderen zusammen Likör-Kisten entdeckt und wollte daher noch bleiben. Anneliese und Ilse luden einen großen Teil ihrer „Beute“ auf den Milchwagen auf, und Aneliese fuhr dann mit dem Gespann nach Alt Garge zurück. Dann, auf dem Weg am Ortsausgang in Altwendischthun plötzlich das Motorgeräusch eines Tieffliegers. Anneliese trieb das Pferd an, um im Wald in die Deckung zu kommen.

Ilse hatte eine Bekannte aus dem Dorf getroffen und machte sich nun mit einem überladenen Fahrrad auf den Weg nach Hause. Unterwegs rutschte eine Kiste mit Seifenflocken unglücklich vom Rad und fiel ihr in die Wade. Die Verletzung wurde vor Ort mit einem großen Schluck Likör behandelt.

 

Bild 3: Frau Aneliese König geb. Sauke und Frau Ilse Meyer geb. Sauke, Mrz. 2004, Foto Bendler.

 

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